Die erste Station in der Türkei scheint für die meisten Reisenden nur Durchgangsstation zu sein. Gerade deshalb, sollte man hier einen Stop einlegen und das rege Treiben in den Gassen und Basaren genießen. Wenig beeindruckt vom touristischen Rummel, wie es ihn in Istanbul gibt, erscheint Edirne. Die einstige Größe der Stadt, welche im Mittelalter ca eine halbe Million zählte, wird einem vor allem an der Größe der Moscheen und Hane bewusst. Als einstige Hauptstadt des osmanische Reiches, weist die Stadt noch immer eine beträchtliche Anzahl historischer Bauten auf. Jedoch lässt sich auch hervorragend das pulsierende Leben in den Straßen beobachten und den ersten Cay des Tages trinken.
Bekannt ist Edirne vor allem dank der Selimiye, dem Hauptwerk Sinans. Diese Moschee, welche seit 2011 den Welterbestatus zugesprochen bekam, stellt die Vollendung der osmanischen Moscheebaukunst dar. Die Bauarbeiten begannen 1568 und endeten offiziell sieben Jahre später. Ähnlich einer christlichen Dombaustelle scheint jedoch auch hier nach der Bauphase die Instantsetzungsphase zu kommen. So hatten sich die Edirner fürs Jahr 2022 nicht nur den Vorplatz zum Moschee Komplex vorgenommen, sondern auch das Innere aufwändigen Sanierungsmaßnahmen unterzogen. So war die andächtige Stille nur im Nachhinein auf den Bilder zu erfassen, fehlen hier eben Presslufthammer, Bagger und Bauhelme gänzlich.
Etwas ausserhalb der Stadt hat sich mit dem von Sultan Bayezid gestifteten Moschee Komplex eine Besonderheit erhalten. Hier lässt sich ein mittelalterliches Krankenhaus mit psychiatrischer Abteilung besuchen. Das angegliederte Medizinmuseum gibt auführliche Informationen zur Ausbildung der Ärzte, Herstellung von Tinkturen, Salben und Medikamenten sowie der Therapie der Erkrankten. Klassisch umfassten solche Stiftungen: Eine Schule, eine Moschee sowie eine Suppenküche zur Speißung der Armen. Dem Sultan war jedoch auch die Einrichtung einer medizinischen Lehranstalt mit Bibliothek und Krankenhaus wichtig.
Die psychiatrische Abteilung zeigte sich erstaunlich fortschrittlich und humanistisch. Neben Beschäftigungstherapie und grüner Therapie, welche wir in modernen Psychiatrien nach wie vor finden, gab es eine Musikkapelle, die den Kranken Musik vorspielte, um die Genesung zu fördern. Die Patienten konnten sich in einem Garten aufhalten, welcher mit duftenden Blumen bepflanzt war. Eine überraschende Erkenntniss, die das Ganze in einem hinterlässt, zeigen sie doch auch auf, wie weit wir in der modernen Krankenhauspsychiatrie in den letzen fünfhundert Jahren gekommen sind.
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